Schrittweise zurück in den Schulalltag

Jüdisches Gymnasium nimmt Unterricht wieder auf

Seit dem 17. März üben sich Lehrer*innen und Schüler*innen im E-Learning, was schnell einige Vorteile, wie beispielsweise die selbstständige Organisation des Lernens vor allem bei älteren Schüler*innen, zeigte. Aber auch Nachteile wurden von Lehrer*innen und Schüler*innen gleichermaßen benannt: fehlende echte Kommunikation, Über- oder Unterforderung, mangelnde technische Ausstattung oder Defizite in der plötzlich notwendigen technischen Kompetenz.

Deshalb war der größte Teil der Schulgemeinschaft sehr froh, als es hieß, die Schule öffne wieder. Dass das nicht bedeuten konnte, dass wir sofort von Null auf Normal gehen, war den meisten schnell klar. Abiturprüfungen fanden bereits unmittelbar nach den Pessachferien unter den neuen Hygienebedingungen und Abstandsreglungen statt und endeten Ende Mai vorerst mit den mündlichen Prüfungen. Weitere zusätzliche mündliche Prüfungen sind dann Mitte Juni möglich, sodass das Abitur 2020 zwar unter erschwerten Bedingungen, aber doch ordnungsgemäß über die Bühne geht.

Am 27. April nahmen die drei zehnten Klassen, die gerade erst erfahren hatten, dass die MSA-Prüfungen für sie in diesem Jahr nicht stattfinden, den Unterricht wieder auf. Jede Klasse wurde in zwei Gruppen geteilt und erhielt einen Stundenplan, der von Tag zu Tag und Woche zu Woche variierte. Fächer, die nicht unterrichtet werden können, finden weiter im E-Learning statt.

Eine Woche später folgte dann der 11. Jahrgang, der im kommenden Schuljahr Abiturprüfungen absolvieren wird und die dafür notwendigen Lerninhalte lieber mit den Lehrer*innen gemeinsam (in deutlich verkleinerten Gruppen) als allein zu Hause erarbeitet. Klausuren wird es für diesen Jahrgang nur noch in den Leistungskursen geben. Erstaunlicherweise hält sich die Freude der Schüler*innen darüber in Grenzen, aber darüber, dass sie wieder zur Schule gehen dürfen, freuen sich die meisten.

Seit dem 4. Mai gibt es im Jüdischen Gymnasium auch wieder ein warmes Mittagessen, auch wenn das einzeln und allein an einem Tisch eingenommen werden muss. Die Bibliothek ist mit Einschränkungen für 9 Schüler*innen gleichzeitig wieder nutzbar und der Schüler*innen-Club bietet seit 11. Mai auch wieder Treffen an, die vorher mit der Clubleiterin verabredet werden müssen und außerhalb der Clubräume auf dem Schulhof oder im nahegelegenen Park stattfinden. Das ist besonders begrüßenswert, da seit dem 11. Mai auch die Klassen 5 bis 7 wieder in den Schulbetrieb eingestiegen sind. Zwar gibt es für jede Klasse bisher nur einen echten Unterrichtstag pro Woche, aber die Jungen und Mädchen freuen sich sehr darüber, Mitschüler*innen und Lehrer*innen wieder „in echt“ zu sehen und zu hören. „Am Computer war das eine Weile ja ganz cool, aber echt ist eben echt“, fasste einer dieser Schüler die Meinung vieler zusammen.

Das Jüdische Gymnasium ist dank der vom Schulträger finanzierten vollwertigen Office365-Lizenzen für alle 450 Schüler*innen in der Lage, E-Learning auf einem sehr progressiven Niveau anzubieten. Nicht nur Eltern haben plötzlich Videokonferenzen, sondern auch die Kinder der Familie.

Mit dem virtuellen Unterricht, der mit Hilfe von Office365 und der dort integrierten App Teams erfolgt, sei das Jüdische Gymnasium im Bereich E-Learning und Homeschooling deutlich besser aufgestellt als manch andere Berliner Schule, erklärt Schulleiter Dr. Aaron Eckstaedt und verweist ausdrücklich darauf, dass das zu einem großen Teil auch an dem sehr engagierten Lehrer*innen-Kollegium liegt.

Schüler*innen, die technische Schwierigkeiten hatten oder haben, finden sowohl bei ihren Lehrer*innen als auch bei den Systemadministratoren Hilfe, die immer mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Mit Unterstützung des Fördervereins konnte die Schule insgesamt 15 Microsoft Surface Go (Tablets mit Tastatur) zur Verfügung stellen, damit Schüler*innen, die zu Hause keinen eigenen Computer nutzen können, sich ein solches Gerät ausleihen können. Seit dem 11. Mai sorgen die Erzieher dafür, dass Schüler*innen mit besonderem Unterstützungs- und Förderbedarf in der Bibliothek oder im Computerfachraum ihre E-Learning-Aufgaben erledigen können.

Das alles ersetzt natürlich nicht den regulären Vor-Corona-Schulalltag, aber es ist ein erster vorsichtiger Schritt in diese Richtung. Abstandsregeln, Desinfektionsmittel am Eingang, Masken-Pflicht im Schulhaus, Mittagessen an Einzeltischen, abgesagte Klassenfahrten und Exkursionen und andere Maßnahmen werden klaglos akzeptiert. Die Schüler*innen und Lehrer*innen achten darauf, dass sie eine mögliche Infektionsgefahr so gering wie möglich halten, denn eine erneute Schulschließung und ein Zurück ins Homeschooling möchten alle vermeiden.